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Hufstrahl und Strahlfäule

INHALT

- Aufbau
- Funktionen
- Pflege des gesunden Hufstrahls
- Erkrankungen und Schäden
- Fallbeispiele
- Bearbeitung eines befallenen Hufes

Beim Verfassen solcher Spezialartikel gerät man leicht etwas in die Zwickmühle, denn dieser soll "nur" den Hufstrahl behandeln. 
Man kann aber ein solches Einzelelement des Hufes, eigentlich nicht einmal den gesamten Huf als solchen als isolierte, vom Umfeld abgeschnittene Einheit betrachten. 
Denn jede Eigenschaft, jedes Problem an jedem Element des Hufes steht in wechselseitigem Bezug zum gesamten Rest des Tieres und selbstverständlich auch zur Umwelt, mit der das Tier immer in enger Verbindung steht.
Wenn nun also nur ein Teil dieser Gesamtheit abgehandelt wird, besteht durchaus die Gefahr, daß der Blick für ursächliche Zusammenhänge verloren geht. 
Das ist keineswegs ein Fehler, den nur Laien machen, gerade auch in der Fachwelt besteht diese Tendenz zur isolierten Betrachtung einzelner Elemente, die oftmals den Blick für die eigentlich logischen Zusammenhänge, also "fürs Ganze" verlegt und so zu teils recht fragwürdigen Schlüssen führt. 
Oder bestimmte Phänomene mehr oder weniger unerklärlich macht, obwohl sie aus dem Zusammenhang heraus durchaus erklärbar sind.


Deshalb soll hier versucht werden, vor allem bei den Fallbeispielen und der Bearbeitung auch Zusammenhänge aufzuzeigen, denn nur so wird ein (Horn-) Schuh draus...

Der Aufbau des Hufstrahls


Er besteht aus weichem, von der Strahllederhaut gebildeten Röhrchenhorn, das wie die Lederhaut selbst in Form eines dreidimensional gefalteten "V" (von unten gesehen) im hinteren Hufsohlenbereich liegt. Der Querschnitt des Hornstrahls entspricht dadurch in etwa einem "W".



Oberhalb des Strahls im Inneren des Hufes befindet sich das Strahlpolster. Es bildet eine sehr elastische Zwischenschicht zwischen dem verhornten Anteil des Strahls sowie der Strahllederhaut und den knöchernen Anteilen der Zehe sowie dem Hufrollenkomplex.



An der Strahllederhaut vor allem in der mittleren Furche, dem sogenannten Hahnenkamm, befinden sich einige wenige Drüsen, die uns später noch interessieren werden. Manche Wissenschaftler gehen davon aus, daß sie in früheren Entwicklungsphasen u.a. zur Markierung des Untergrundes zu Wiedererkennungszwecken dienten. Es gibt auch die These, daß diese Drüsen eine Art Schweiß absondern, der an der Hufunterseite ein leicht saures Milieu herstellt.


Die Hauptfunktionen des Hufstrahls

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Zunächst ist er durch seine dreidimensional gefaltete Architektur und die vergleichsweise elastische Struktur besser in der Lage, die seitliche Ausdehnung der Hornkapsel bei Belastung dämpfend auszugleichen, als dies die lediglich gewölbte, aber harte Hornsohle könnte.

- Gleichzeitig schützt er die über ihm im Inneren des Hufes befindlichen Strukturen, also hauptsächlich den sogenannten Hufrollenkomplex vor äußeren Einflüssen. Hierzu ist er durch seinen elastischen Hornaufbau besonders gut geeignet, da er den Druck beim Einwirken mechanischer äußerer Reize bereits teilweise in sich selbst abdämpft.

- Dennoch ist der Hornstrahl im gesunden Zustand fest genug, um zusammen mit dem Hufknorpel und anderen Teilen und Mechanismen des Hufes auch die Hornkapsel selbst im Bereich der Trachten, in dem keine knöchernen Strukturen mehr für die Formstabilität des Hufes sorgen können, zu stabilisieren.

- Er sorgt in Verbindung mit dem Hufmechanismus für die Durchblutung des Hufes.

Das Thema Hufdurchblutung wird recht vielschichtig diskutiert, je nach gerade verfügbaren wissenschaftlichen Arbeiten und Erkenntnissen und leider oft auch so, wie es in die Theorien der jeweils propagierten, "richtigen" Hufbearbeitung passt. Eine wirklich schlüssige These, die alle bekannten Phänomene in diesem Bereich mit einschließt, besteht jedoch meines Wissens nicht. 
Selbstverständlich möchte auch ich mir nicht anmaßen, hier die "einzige Wahrheit" zu kennen, vielmehr werde ich versuchen, erwiesene Mechanismen aufzuzeigen und meine eigenen Gedanken hierzu beizusteuern. Anzunehmen ist in jedem Falle, daß der Hornstrahl mit zu diesem wichtigen Mechanismus zur Versorgung der Hornkapsel beiträgt, in welchem Ausmaß, wäre noch in entsprechenden Forschungen zu klären.
Sowohl durch Augenschein als auch durch Messungen erwiesene Tatsache ist z.B. die Abflachung des Strahls in seiner "W-Form" (das "W" wird breiter und flacher) bei normaler Belastung des Hufes. Dies ist auch logisch nachvollziehbar, denn mit dem Weiten der Hornkapsel im hinteren Bereich bei Belastung wird auch der Hornstrahl mit in die Breite gezogen. Sofern der Hornstrahl bis nah zur Bodenfläche des Hufes heranreicht oder sogar den Boden direkt berührt, wird er zusätzlich von unten mit Druck beaufschlagt, was ihn auch zusätzlich abflacht.
Die Konsequenz aus den obengenannten, unterschiedlichen Abständen des Strahls von der Bodenfläche ist aber sehr unterschiedlich, denn während das über dem Strahl liegende Strahl/Ballenpolster beim vollflächig mittragenden Strahl während des Auffussens mit Druck beaufschlagt wird, gibt es auch Messungen, die diese Druckbeaufschlagung negieren, sogar zu der Aussage kommen, daß das Strahlpolster während des Auffussens druckentlastet wird. Hierbei handelt es sich jedoch mit Sicherheit um Ausprägungen des Hornstrahls, die auch beim Belasten des Fußes den Boden nicht berühren. 
Es muss sich dabei aber nicht um einen degenerierten, also krankhaft verkümmerten Hornstrahl handeln, etliche Pferderassen (v.a. auch "Blütertypen") prägen den Hornstrahl allgemein nicht so stark aus wie andere, ohne daß man dabei von schadhaften Ausprägungen sprechen könnte.
Auch durch im Trachtenbereich offene Beschläge ist eine solche Druckentlastung zu erreichen, hierbei wird der Strahl künstlich vom Boden entfernt. 
Sehen wir uns also an, inwiefern der Strahl hier überhaupt zur Durchblutung beitragen kann, wo in diesem Bereich Blutgefässe liegen, die durch den Strahl oder das Strahlpolster mit Druck beaufschlagt werden können.
Im Strahl- und Ballenpolster selbst finden sich nur sehr wenige Gefäße, die in Bezug auf die Durchblutung des Hufes als nicht sehr relevant angesehen werden können. Eine größere Ansammlung von Gefäßen findet man dagegen in den sogenannten Venenplexi, also Gefäßbündeln für das "ablaufende" Blut, die im hinteren Seitenbereich der Hornkapsel innerhalb und außerhalb der Hufknorpel verlaufen. Eine Durchblutungsförderung kann natürlich über Venen nicht direkt erreicht werden, vielmehr handelt es sich quasi um eine "Entblutungsförderung", die aber sehr wichtig ist, weil die Gefäße der Hufe sehr weit vom Herzen entfernt und ein gutes Stück unterhalb sind, zusätzlich wird der Blutfluß durch die vielen engen Kapillaren in der Huflederhaut stark abgebremst. Es müssen also die Venen verengt werden, dadurch wird das in ihnen befindliche Blut weitergedrückt.




Der äußere Venenplexus wird dann mit Druck beaufschlagt und somit zu Pumpzwecken gebraucht, wenn sich der Abstand zwischen der Hornkapsel, bzw. dem Kronsaum und dem Hufknorpel verringert. Das ist dann der Fall, wenn dieser Abstand zuvor vergrößert wurde, indem sich die Hornkapsel beim Auffussen geweitet hat. Die Pumpfunktion findet also durch das Zusammenziehen der Hornkapsel beim Entlasten des Hufes statt.
Am inneren Venenplexus wirkt ein ähnlicher Mechanismus, hier sind aber keine zwei relativ festen Begrenzungen vorhanden wie beim äußeren Plexus (Hornkapsel/Hufknorpel), nur der Hufknorpel dient als äußere Begrenzung. Innerhalb der Hufknorpel befinden sich lediglich die Strahl-/Ballenpolster, die sehr viel nachgiebiger sind. Sie werden nun zusätzlich von unten mit Druck beaufschlagt, wenn entweder der Strahl direkt nach oben gedrückt wird (bei Bodenkontakt), oder wenn der Strahl durch die bereits oben beschriebene Formänderung beim Entlasten auf das Polster drückt. Dieser Druck wirkt über die Polster auch seitlich gegen die Hufknorpel und somit auf die inneren Venenplexi.
Gleichzeitig wird durch denselben Mechanismus die Strahllederhaut im Schrittrythmus mit erhöhtem und verringertem Druck beaufschlagt und dadurch deren Kapillaren entleert bzw. bei Druckentlastung erneut gefüllt.


Daraus ergibt sich aber auch die Frage, wie sich diese Mechanismen darstellen, wenn der Strahl vollflächig mitträgt, also weder beim Belasten des Hufes (Bodendruck von unten) noch beim Entlasten (Druck durch Formänderung) eine Möglichkeit hat, diese Pumpfunktionen in größerem Umfang auszuführen.
Und daraus wiederum, sowie aus der Praxis, in der man beide Ausprägungen des gesunden! Hornstrahles findet (sowohl mittragend als auch nicht tragend) ergibt sich logischerweise auch die Frage, wie relevant diese Pumpfunktion für die Durchblutung des Hufes ist, bzw. wo die Grenzen liegen.
Doch dazu wird im Rahmen der Erkrankungen des Hufstrahls noch zu sprechen sein.

Pflege des gesunden Hornstrahls, Gesunderhaltung


Was kennzeichnet den gesunden Hornstrahl?

- Er entspricht in seiner Form und Ausprägung den Gegebenheiten des restlichen Hufes, wird also eindeutig durch die seitlichen Strahlfurchen definiert. 
Dies ist wichtig, denn nur so kann er die entsprechenden Bewegungen innerhalb der Hornkapsel mit ausführen, ohne in seiner Struktur überlastet zu werden.


- Die Hornhärte definiert sich nach der Härte der restlichen Hornkapsel, ist also direkt proportional zu dieser. 
Auch hier führt eine zu große Abweichung zur Zerstörung der gesunden Struktur.


- Er ist möglichst frei von losen Hornteilen oder Hornschichten, zwischen denen sich Keime einnisten und zu Zersetzungsvorgängen führen können.

- Es befinden sich keine oder nur wenige Hohlräume innerhalb des Strahlhornes. 

Dazu ist zu sagen, daß diese Hohlräume (fachsprachlich: Vakuolen), die meist mit Flüssigkeit gefüllt sind, von verschiedenen Rassen recht unterschiedlich stark und häufig ausgeprägt werden. So zeigen sich z.b. bei vielen "schwereren" Rassen (wie Kaltblüter, Tinker, Haflinger...) vermehrt solche Vakuolen auch beim ansonsten relativ gesunden Hornstrahl, bei leichteren und blütigeren Rassen scheint dieses Phänomen allgemein nicht so stark ausgeprägt. Man kann aber nicht pauschal von der Rasse auf ein zwingendes Auftreten dieser Vakuolen schließen, vielmehr ist lediglich die Wahrscheinlichkeit erhöht.
In der Praxis findet man sehr unterschiedliche Ausprägungen, sehr oft wird das vermehrte Auftreten bei gleichzeitiger, mechanischer Überlastung des Hornstrahls angetroffen, sei es durch eine nicht zum Huf passende Strahlform (siehe oben.) oder auch das "zu lange lassen" des Strahls, also das erzwungene Mittragen, aber auch bei hoher seitlicher Druckbeaufschlagung, z.B. bei Zwanghufen und sogar bei krankhaften Veränderungen innerhalb der Hornkapsel (wie z.B. bei Hufrehe). Man kann also davon ausgehen, daß in den meisten Fällen das GLEICHZEITIGE Auftreten mehrerer Faktoren zur vermehrten Bildung der Vakuolen führt, zum einen der wahrscheinlich vererbte Faktor des Vorhandenseins relativ vieler Drüsen, zum anderen eine Überlastung der Hornstruktur des Strahls.


- Der Huf und der Hufstrahl sind frei von Fäulnisvorgängen

- Ein Faktor, der nicht direkt zum gesunden Hornstrahl gehört, im Zusammenhang mit dem vermehrten Auftreten von Erkrankungen auch in diesem Bereich aber zumindest empirisch erwiesen scheint, sind die körpereigenen Abwehrkräfte. Es zeigt sich in der Praxis immer wieder, daß gerade Pferde, bei denen die körpereigene Abwehr geschwächt ist, in Herden unter gleichen Umgebungsbedingungen und scheinbar ohne das Vorliegen anderer begünstigender Faktoren z.B. vermehrt zur Fäulnisbildung auch an der Oberfläche des Hornstrahls neigen. Hier gibt es sicherlich noch weite Felder für entsprechende Forschungen, die diese These überprüfen.

Welche und wie viel Pflege ist für einen gesunden Hornstrahl nötig?

- Im Rahmen der möglichst regelmäßigen und rechtzeitigen Hufpflegetermine muss auch der Strahl zum restlichen Huf passend geschnitten werden, sofern nötig.  Auch zwischen diesen Terminen ist es sinnvoll, zumindest lose Hornteile zu entfernen.

- Es sollte auf eine möglichst keimarme Umgebung geachtet werden. 
Das heißt, daß regelmäßiges Entmisten der Flächen, auf denen sich das Tier aufhält, zwingend erforderlich ist. Denn je länger Mist im Umfeld verbleibt, desto stärker bilden sich hier durch Rotteprozesse sowohl schädliche chemische Stoffe (v.a. Ammoniak) als auch vermehrt Keime, die zur Zersetzung des Horns führen können. 
So wird in manchen Ställen zwar peinlichst auf die Sauberkeit in den Einzelboxen geachtet, die Auslaufflächen werden jedoch nicht oder nur unzureichend gereinigt. Natürlich kann auch auf diesen Flächen bei entsprechend intensiver Nutzung vor allem die Keimzahl so stark anwachsen, daß trotz sauberer Boxen vermehrt Fäulnisprozesse an Huf und Hufstrahl auftreten. 
Auch die Beschaffenheit des Bodens spielt hierbei eine große Rolle.
Prinzipiell kann man davon ausgehen, je undurchdringlicher der Untergrund ist, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit einer zu hohen, schädlichen Keimkonzentration. Entsprechende Böden (z.B. Beton) müssen regelmäßig nicht nur trocken oder nass gereinigt, sondern auch entkeimt werden. Dies kann z.b. durch das Reinigen mit Heißdampf, aber auch durch Abflämmen oder den Einsatz chemischer Desinfektionsmittel geschehen. Wird Gummi oder ähnliches Material in lose gelegten Matten als Tretschicht verwandt, sollten auch diese regelmäßig entfernt und gereinigt und auch der Untergrund desinfiziert werden. 
Stallhygiene ist natürlich nicht nur bei Boxenhaltung ein Thema, die Grundprinzipien der keimarmen Umgebung sind bei allen Haltungsformen wichtig!


- Regelmäßige, am besten tägliche Kontrolle auf Verletzungen, eingedrungene Fremdkörper und die mechanische Reinigung mit einem geeigneten, nicht scharfkantigen Gerät sind für die Gesunderhaltung des Hornstrahls wichtig. Nur so lassen sich Verletzungen oder beginnende Fäulnisvorgänge schnell erkennen und adäquat behandeln. 
Besonders die seitlichen und mittlere Strahlfurchen sind sehr wichtig, gerade bei Strahlformen mit einer ausgeprägt hohen "W" -Form muss versucht werden, die Furchen vorsichtig bis zum Grunde zu reinigen. Hier liegt eine sehr häufige Fäulnisursache, denn bei vielen Tieren entsteht Strahlfäule alleine aufgrund der mangelnden Hygiene in den Furchen. Wenn hier länger nicht bis zum Grund gereinigt wurde, kann es durchaus vorkommen, daß Mistreste, Schmutz u.ä. über Wochen darin verbleiben und sich die zwangsläufig folgenden Zersetzungsvorgänge auf das Horn des Strahls ausweiten. Dasselbe gilt auch bei allen Arten von Beschlägen, denn sie halten den eingetretenen Schmutz regelrecht fest, die Selbstreinigung der Hufunterseite ist stark eingeschränkt.


- Huf und Strahl von Zeit zu Zeit mit Wasser zu reinigen ist an sich kein Problem, dies sollte jedoch mit viel Umsicht geschehen. 
Dazu muss man wissen, daß Horn insgesamt sehr viel Wasser aufnehmen kann (Strahlhorn z.B. bis zu 97% seines Volumens). Diese Fähigkeit ist durchaus sinnvoll, denn so passt sich das Horn seiner direkten Umgebung an und kann je nach Umgebungsfeuchtigkeit sehr weich (=feucht) oder hart (=trocken) werden. Neben einer umgebungsbedingten Abriebfestigkeit hat der Huf so auch eine dem Boden angepasste "Tastfähigkeit" bei gleichzeitig ebenfalls angepasster Stabilität der Hornkapsel.
Als Beispiel: Wenn der Untergrund sehr trocken ist, kann man davon ausgehen, daß er im Normalfalle auch entsprechend hart ist. Wenn dann das Horn des Strahls und der Sohle durch übermäßigen Wassergebrauch beim Reinigen sehr weich wäre, bestünde die Gefahr, daß es zu entsprechenden Verletzungen, Quetschungen etc. an der Sohle und im Bereich oberhalb des Hornstrahls käme, weil er dann harten Bodenunebenheiten keinen ausreichenden Widerstand entgegensetzen kann. Ein weiteres Problem übermäßigen Wassergebrauchs, vor allem in Verbindung mit harten Bürsten oder wenn mit scharfem Wasserstrahl gearbeitet wird, besteht in der Versprödung des Horns. Ähnlich der Haut sind auch im Horn fettähnliche Pflegestoffe, sogenannte Lipide, eingebettet, die das Horn auch im trockenen Zustand relativ elastisch halten. Werden diese Lipide mit scharfem Wasserstrahl ausgeschwemmt oder zusätzlich noch mechanisch ausgebürstet, wird das Horn beim Austrocknen spröde und reißt. Diese Schäden kann man bei entsprechend langfristiger und intensiver "Bearbeitung" seitens des Besitzers oft an der Hornwand in Form von Windrissen erkennen, aber auch im Strahlbereich kommt es nach der Austrocknung vermehrt zu feinen, kaum sichtbaren Rissen, die Keimen entsprechende Eintrittspforten bieten. 


- eventuell vorhandene Hohlräume im Strahlhorn bedürfen besonders akribischer Reinigung und Pflege. Wenn man mit normalen Geräten zur Hufreinigung keine ausreichenden Resultate erzielen kann, bietet sich hier zum Beispiel das Arbeiten mit einer großen Einwegspritze ohne Kanüle an, mittels der man die Hohlräume ausspülen kann. Als Spülmedium bietet sich z.b. eine Kernseifenlösung oder auch verdünnte Wundsteinessenz an, mit diesen Mitteln wird neben der Reinigung auch eine leicht desinfizierende Wirkung erzielt, ohne sich allzu negativ auf die Konsistenz des Horns auszuwirken.

- Verwenden von Pflegemitteln: Weniger ist hier oftmals mehr. Denn eines der Hauptprobleme beim Einsatz von Pflegemitteln zur Gesunderhaltung des Hornstrahls besteht meiner Erfahrung nach neben ungeeigneten Inhaltsstoffen in der Überdosierung der Mittel.
Der Sinn des Einsatzes von Pflegemitteln am gesunden Hornstrahl besteht hauptsächlich in der Verminderung der am Huf befindlichen Erreger sowie im Ersatz ausgeschwemmter Lipide (siehe oben.), sofern nötig.
Denn auch ohne direkte menschliche Einwirkung kann durch den in unseren Breiten üblichen, stetigen und schnellen Wechsel von nassem zu trockenem Wetter und entsprechenden Untergründen ein gewisse Entfettung, zumindest der obersten Hornschicht, stattfinden.
Am besten für den Ersatz ausgeschwemmter Lipide sind pflanzliche Öle geeignet, die ähnliche Eigenschaften wie diese besitzen. Nicht geeignet sind hingegen Mineralölderivate, wie z.b. vaselinehaltige Mittel, diese können nicht in die Hornstruktur eingebettet werden und versiegeln sozusagen nur die Oberfläche wasserdicht und bei entsprechend intensiver Anwendung unter Umständen sogar luftdicht, was einen Feuchtigkeitsaustausch des Horns mit der Umwelt nahezu unmöglich macht und der Vermehrung anaerober Keime innerhalb des Horns noch Vorschub leistet. Bei Verwendung reiner Pflanzenöle ohne weitere Zusätze ist aber zu beachten, daß diese nahezu unbeschränkt mit in die Hornstruktur eingebaut werden können, deshalb kann es bei zu häufiger Anwendung zur Aufschwemmung des Horns kommen. 
Die Verhinderung von Fäulnisvorgängen durch spezielle Pflegemittel ist am gesunden Hornstrahl nur dann nötig, wenn ein entsprechend hoher Keimdruck (= große Anzahl von hornschädigenden Erregern) herrscht. Das heißt eigentlich, daß die Stallhygiene mangelhaft ist, deshalb wäre der beste Ansatzpunkt zur Fäulnisverhinderung hier zu suchen. Leider ist diese Erkenntnis noch nicht bis zu allen Pferdebesitzern vorgedrungen, aber auch sehr viele Stallbetreiber lassen hier nicht die notwendige Sorgfalt walten, und nicht immer besteht die Möglichkeit, in einen besseren Stall auszuweichen.
Wenn also solchem Keimdruck entgegenzuwirken ist, sollte man darauf achten, daß die eingesetzten Wirkstoffe nur die schädlichen Erreger beseitigen und nicht gleichzeitig den Huf schädigen. Dies ist der Fall, wenn z.b. stark alkoholhaltige Desinfektionsmittel verwandt werden, denn sie haben neben einer nur recht kurzen wirksamen Phase den weiteren Nachteil, daß sie dem Horn gleichzeitig die fettähnlichen Lipide entziehen, was hier wiederum zu Problemen führen kann.
Von der Verwendung zelltoxischer Stoffe wie z.B. Kupfersulfat und Formalin oder formaldehydhaltiger Produkte ist in jedem Falle abzuraten, denn bei tiefem Eindringen in das Horn des Strahls können neben dem Abtöten der Erreger auch die Keimzellen der Lederhaut so stark geschädigt werden, daß sie nicht mehr in der Lage sind, gesundes Horn nachzubilden. In letzter Zeit wurden zur Keimabwehr vermehrt auch natürliche Mittel wie z.B. reines Teebaumöl propagiert. Hiervon ist ebenfalls abzuraten, denn ohne das nötige Wissen und dessen sorgfältige Anwendung können auch von solchen, angeblich harmlosen pflanzlichen Wirkstoffen Schäden hervorgerufen werden.
Gerade die Verwendung unverdünnter ätherischer Öle ist hier äußerst problematisch, denn viele von ihnen können Nebenwirkungen wie eine Photosensibilisierung der Oberhaut oder Allergien auslösen, aber auch direkte Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Gleichzeitig ist zu beachten, daß im Bereich von Huf und Strahl viele verschiedene Erreger schädigend einwirken, die nicht immer mit einem einzigen Wirkstoff zu bekämpfen sind.

Verwendung von Antibiotika zur Bekämpfung von Strahlfäule


Leider finden sich immer noch Fälle, in denen ohne echte Indikation Strahlfäule mittels Antibiotika behandelt wird.
Oft werden dazu sogenannte "Trockensteller" (Antibiotische Präparate zur Mastitisbehandlung bei Kühen) empfohlen und leider auch immer noch von manchen Tierärzten ausgegeben, eine Tatsache, die umso schlimmer erscheint angesichts der äusserst angespannten Lage bezüglich der Antibiosewirksamkeit gegen die vermehrt auftretenden, multiresistenten Keime.
Denn durch solch verantwortungslose Handhabung dieser einzig wirksamen Substanz gegen viele Erreger, die auch im Humanbereich Jahr für Jahr zehntausende von Opfern fordern, steigt auch die Zahl von Resistenzen und damit wiederum von Opfern ins unkontrollierbare.
Deshalb sollten Antibiotika ausschliesslich in Ausnahmefällen, nach strenger Indikation und nur nach entsprechender Keimbestimmung gezielt verabreicht werden!



Erkrankungen und Schäden am Hornstrahl, Behandlungsmöglichkeiten

Gerade bei Erkrankungen an Huf und Hufstrahl zeigen sich die zu Beginn dieses Beitrags erwähnten, gegenseitigen Bezüge und Einflussnahmen recht deutlich, meist vor allem bei der Ursachensuche, denn sehr oft wird eine Erkrankung oder ein Schaden erst durch einen anderen Bereich des Hufes, des gesamten Tieres oder auch durch die Umwelt provoziert. Entsprechend macht es allgemein auch wenig Sinn, alleine an der Symptomatik zu behandeln, erst wenn auch die meist tiefer liegenden Ursachen gefunden und abgestellt wurden, ist eine Gesundung oder zumindest Verbesserung der Situation zu erreichen.

Nahezu alle Erkrankungen am Hornstrahl zeigen Fäulnissymptome und werden allgemein als Strahlfäule bezeichnet, dies ist jedoch nur die äußere Erscheinungsform für teils sehr verschiedene Erkrankungen.
Egal, um welche Ursachenlage es sich handelt, es besteht bei Vernachlässigung der befallenen Stellen immer die Gefahr der Fortentwicklung und Ausbreitung des Fäulnisbefalls sowohl an der Oberfläche selbst, als auch in tiefere Schichten des Horns bis hinein in lebendes Gewebe. Deshalb sollte kein auch noch so geringer Fäulnisbefall vernachlässigt, sondern schnellstmöglich angemessen reagiert werden.
Unter Fäulnis versteht man hier nicht die normalen Zerfallsprozesse des Horns im Grenzbereich zur Umwelt, die in einem solchen mechanisch und durch entsprechende Erreger hochbelasteten Bereich immer stattfinden werden, sondern massive Substanzverluste durch Zersetzung und Auflösung von Gewebe, die entweder örtlich sehr begrenzt (z.B. eine Strahlfurche) oder auch großflächig verbreitet sein können. Diese Zersetzungsvorgänge können durch verschiedene Ursachen hervorgerufen werden, meist wirken mehrere gleichzeitig ein, die sich teils gegenseitig verstärken. 
Eine Der Hauptursachen für Fäulnis am Hufstrahl ist in einer Überbesiedelung mit hornauflösenden, fäulnisverursachenden Keimen verschiedener Herkunft zu sehen, die noch durch chemische Substanzen wie Ammoniak bzw. die daraus entstehende Lauge begünstigt werden, Mazeration des Horns (Gewebsauflösung durch Feuchtigkeitseinwirkung) sowie starke, auf das Gewebe einwirkende Kräfte, die zur Nekrotisierung desselben führen. 
Eine eindeutige Zuordnung von Strahlfäule zu einem einzigen Erregerstamm ist nicht möglich, vielmehr handelt es sich dabei zumeist um eine Mischinfektion mit verschiedenen Erregertypen, die sich teils noch gegenseitig unterstützen. So wurden bei Fäulniserkrankungen am Huf viele verschiedene relevante Bakterien wie z.B. Staphylococcus, Pseudomonas, Clostridia diff., Fusobacterium necrophorum, aber auch der Pilzstamm Geotrichum gefunden, die alle zur Zersetzung des Horns beitragen können.
Die Grenzen zwischen starkem, grenzwertigem Zerfall und Strahlfäule sind eher fließend und nicht immer eindeutig, jedoch meist erkennbar an den typischen Gerüchen ("normale" Zerfallsprodukte riechen käsig bis leicht stechend mit Einfärbungen von Mistgeruch, Strahlfäule hat zumeist eine süßlich-eitrige Zusatzfärbung" des Geruches) sowie am schmierigen bis schmierig-flüssigen, grauweißen Zerfallshorn, bei Befall der Lederhaut auch von Eiter durchsetzt. 
Entsprechend den unterschiedlich schlimmen Ausprägungen von Strahlfäule sollte die Behandlung dieser Erkrankung immer von fachkundiger Seite durchgeführt, zumindest aber begleitet werden, damit neben der täglichen Pflege auch adäquate medizinische und orthopädische Maßnahmen ergriffen werden können. 
Die Unterstützung des Heilungsvorganges durch geeignete Pflege- oder Heilmittel ist zur Reduktion des Keimdruckes und zur Unterstützung des Heilvorganges von außen sicher sinnvoll, jedoch sollte dabei auf die bereits im letzten Kapitel genannten Punkte zur Eignung bestimmter Stoffe bei der Anwendung geachtet werden.


Kommt es durch starken Fäulebefall zu massiven Substanzverlusten an Strahlhorn, kann der Hufstrahl seine Funktionen nicht mehr erfüllen. Die dämpfenden Eigenschaften gehen verloren, ein nur wenig verhornter Strahl kann keinen echten Schutz gegen mechanische Reize bieten. Auch für die Durchblutungsförderung ist ein verkümmerter Strahl nicht geeignet, da er keinen Druck mehr auf das Strahlpolster ausüben kann.

Die Erkrankung an Hufkrebs, auch Strahlkrebs genannt, wird oft mit extremen Ausprägungen von Strahlfäule verwechselt, dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Entartung der Strahl- und Huflederhaut, bei der es zu tumorähnlichen, blumenkohlartigen Wucherungen derselben kommt, so daß sie im akuten Falle nicht mehr in der Lage ist, gesundes Horn zu bilden. Diese Erkrankungsart ist ebenfalls sehr komplex, erfordert großteils eine andere Behandlung als Strahlfäule und wird deshalb in der Zukunft in einem eigenen Beitrag abgehandelt werden.

Nachdem die meisten möglichen Ursachen für Strahlfäule bereits genannt wurden, möchte ich anhand entsprechender Aufnahmen einige Fälle vorstellen und die Zusammenhänge, soweit bekannt, erläutern. Außerdem werden die jeweils nötigen und sinnvollen Maßnahmen genannt.
Am Ende dieses Beitrages behandeln wir einen sehr speziellen Fall, bei dem sehr viele verschiedene Faktoren zusammenwirkten, die zu dem bemitleidenswerten Zustand führten. Anhand dieses Falles werden dann auch die jeweiligen Maßnahmen und Techniken genau erläutert, die jeweils angewendet werden müssen, um die Fäulnisvorgänge zu stoppen und eine Verbesserung der Gesamtsituation zu erreichen.


Fallbeispiele

Fall 1




Dieser Fall zeigt eine relativ einfach zu behandelnde Art der Strahlfäule, denn die Hauptursache lag hier in mangelnder Umgebungshygiene und vernachlässigter Pflege mit nur wenigen komplizierenden Faktoren am Huf selbst. 
Hier ist lediglich die mittlere Furche des Hornstrahls betroffen (blauer Pfeil), der Spalt reicht allerdings relativ weit nach innen in die Ballenregion. Die Hufform zeigt geringfügige Deformationen, die Trachtenenden sind leicht nach innen gerollt (roter Pfeil). Auch im Bereich der Seitenwände bestand zum Zeitpunkt der Aufnahme eine leichte Fäule der weißen Linie (White line disease, grüner Pfeil). 
Der Hornstrahl selbst zeigt eine breite, offene Form, die Ballen sind gut ausgeprägt und die mittlere Ballenfurche ist nur leicht gewölbt.


Die geeigneten Maßnahmen in einem solchen Fall:

- Verbesserung der Stallhygiene

- Öffnen, also Freischneiden der Trachtenecken (auf dem Bild ist die rechte Ecke bereits geöffnet) als Gegenmaßnahme gegen das Einrollen der Trachten, Optimieren der Hufform und -stellung, soweit nötig.

-
Sauberes Zurichten des Strahls wie auf dem Bild zu sehen, wiederherstellen einer zum restlichen Huf passenden Form ("V-W"), Öffnen tiefer Furchen soweit wie möglich.

- Bekämpfung der Strahlfäule mit geeignetem Mittel (bspw. THM - Strahlbalsam®), eventuell Austamponieren der mittleren Furche (mit THM - Strahlbalsam® pads).

Fall 2



Auch bei diesem Huf wurde die Strahlfäule durch mangelhafte Pflege mitausgelöst, die Hauptursachen sind jedoch eine extrem einseitige Hufstellung und sehr hohe Trachten. 
Die hohen Trachten mit steil stehenden Eckstreben in Verbindung mit starkem Strahlhornwachstum ergeben völlig zugewachsene seitliche Strahlfurchen, die mediale Strahlfurche (auf dem Bild links) wird zusätzlich durch die extrem einseitige Belastung des Hufes überwuchert. Eine Selbstreinigung der Furchen ist so nicht mehr möglich, auch das manuelle Reinigen mit einem normalen Hufkratzer nur noch sehr eingeschränkt.
Deshalb befinden sich die Fäuleherde hier vor allem am Grund der seitlichen Furchen. 
Unglücklicherweise sind sowohl Schiefstellung als auch stumpfe Hufwinkelung nur sehr eingeschränkt korrigierbar, denn es handelt sich um einen ungenügend therapierten Fohlenbockhuf, die Schiefstellung resultiert aus einem Fesselbeinbruch, der nicht gerade verheilte.


Wirksame Maßnahmen:

- weites Öffnen der äußeren Trachtenecke, Zurückschneiden der äußeren Eckstrebe auf kurz über Sohlenniveau, innere Eckstrebe auf Sohlenniveau.

- Schwächen der Innenwand, insgesamt Herstellen einer optimierten Hufform

- Wiederherstellen der "V-W-Form" des Strahls, passend zum Huf; möglichst kleiner Winkel der äußeren Strahlflanken (ergibt verbesserte Selbstreinigungsfähigkeit)

- Behandeln des Strahls mit THM - Strahlbalsam® zur Fäulnisbekämpfung. Ein Austamponieren war nach sorgfältiger Korrektur des Strahls hier nicht nötig.

Die Strahlfäule konnte zur Abheilung gebracht werden, die Hufsituation verbesserte sich insgesamt. 
Allerdings ist bei solchen "Sonderfällen" intensive tägliche Pflege und Hygiene obligatorisch. Der Strahl muss unter Umständen auch zwischen den Hufpflegeperioden weit genug zurückgeschnitten werden, um eine ausreichende Hufhygiene zu gewährleisten, denn sonst besteht die große Gefahr erneuten Fäulnisbefalles.


Fall 3



Auch dieser Huf war ursprünglich mit "normaler", hygienebedingter Strahlfäule befallen.
Weil die Fäule längerfristig nicht unter Kontrolle gebracht wurde, breitete sie sich aus und befiel einseitig den gesamten Eckstreben- und Trachtenbereich.
Auf vorliegendem Bild sieht man, daß die eigentliche Strahlfäule bereits ausgeheilt ist, mit den Folgen der Verschleppung hat das Tier jedoch noch eine ganze Weile zu kämpfen.
Durch die großflächige Unterminierung des Trachten-Eckstrebenbereiches inklusive Sohle brach die Trachte zusammen und kippte nach innen. Der Übergang zwischen der zusammengebrochenen Trachte und dem in korrekter Breite und Richtung nachwachsenden Wandhorn ist mit einem blauen Pfeil markiert. Der gelb umrandete Bereich zeigt die Ausbreitung der Fäule im Sohlenbereich unter der Eckstrebe (auf diesem Bild bereits entfernt) auf über zwei Drittel der äußeren Hufhälfte. 
In diesem Fall waren keine weiteren Stabilisierungsmaßnahmen nötig, da das Tier nicht mehr reiterlich belastet wird, die Hornkapsel erwies sich auch Bahrhuf als stabil genug.


Maßnahmen, die hier halfen:

- Resektion des gesamten unterminierten Eckstreben- und Sohlenbereiches.

- korrekte Zurichtung von Huf und Hufstrahl.

- tägliches penibles Säubern und Desinfizieren des befallenen Bereiches sowie Behandlung mit THM - Strahlbalsam® zur Fäulebekämpfung.

- möglichst regelmäßige, kurzfristige Korrektur, um die geschwächte Trachte bestmöglich zu entlasten

In einem solchen Falle muss man die Vor- und Nachteile eines stabilisierenden Beschlages sorgfältig gegeneinander abwägen, denn jeder Beschlag schließt den befallenen Bereich zumindest teilweise ab und sorgt so für ein ideales Klima für Fäulniserreger. Auch die Fähigkeit zur Selbstreinigung wird eingeschränkt.


Fall 4



Dieses Pferd (relativ schwerer Kaltblutmix) hat immer wieder Probleme mit tiefen Rissen und Löchern im Strahl. Neben den bereits aufgebrochenen findet man beim Beschneiden des Hornstrahls auch die schon beschriebenen Hohlräume (Vakuolen) in der Strahlhornstruktur, in denen sich Gewebsflüssigkeit ansammelt, die dann auch das umgebende Strahlhorn anlöst. Daraus ergibt sich auch die milchig-weiße Trübung bei teils leicht käsigem Geruch dieser Flüssigkeit.
Trotz intensivster Pflege konnte teils massive Strahlfäule nicht verhindert werden.


Behandlung:

Als geeignete Methodik hat sich das konsequente Zurückschneiden des Strahls unter Sohlenniveau erwiesen. Dadurch und durch regelmäßige Behandlung mit THM - Strahlbalsam® konnte zumindest der Fäulnisbefall minimiert werden. Auch die Bildung großer Hohlräume ist rückläufig.




Bearbeitungsbeispiel an einem befallenen Huf

Das folgende Beispiel zeigt den Huf eines euthanasierten Tieres, an dem viele Ursachen zusammentrafen, die in Verbindung mit extremer Vernachlässigung von Stall- und Hufhygiene unter anderem zu starkem Fäulebefall führten. Sowohl die Lederhaut des Hornstrahls selbst als auch die Ballenlederhaut waren direkt mitbetroffen.
Die in der Bilderfolge vorgestellten Maßnahmen können großteils in einer einzigen Bearbeitung erfolgen, um eine schnelle Verbesserung der Hufsituation zu erreichen.
Lediglich die Stellungskorrekturen sollten sich streng nach den Voraussetzungen richten, die durch das Tier vorgegeben sind, wie Körperbau, Gangverhalten und Gliedmaßenstellung. So ist es je nach den Gegebenheiten nötig, diese Korrekturen über einen langen Zeitraum in vielen kleinen Schritten vorzunehmen. 
Zur richtigen Bearbeitung des Hufes und zur Behandlung des Hufstrahls mit THM - Strahlbalsam® ist eine detaillierte Bildfolge angefügt.

Seitenansicht des unbearbeiteten Hufes:


Der Huf ist insgesamt sehr hoch, der Winkel der Trachtenlinie verläuft flacher als der Winkel der Zehenlinie. 
Im Wandverlauf haben sich diverse Ringe gebildet, der seitliche Kronsaum verläuft im Trachtenbereich in einer stark gebogenen Linie abwärts.
Seitenansicht des bearbeiteten Hufes:


Hufhöhe und Hufwinkelung sind stimmiger, die Winkel der Zehen- und Trachtenlinie wurden angenähert.


 
Frontalansicht des unbearbeiteten Hufes:


In der Frontalansicht sieht man eine seitliche Fehlstellung (medio-laterale Imbalance), die innere Hornwand ist sowohl zu hoch als auch zu lange. Daraus resultieren die unterschiedlichen Wandwinkel in Bezug zum Untergrund, die einseitige Belastung der Hornkapsel zeitigt die an der Innenwand zusammengeschobenen Rillen in der Hornwand, aber auch der Hornspalt leicht innerhalb der Zehenmitte wird maßgeblich mit initiiert. Außerdem sieht man eine eindeutige, vom Tier selbst angelaufene kurze, hohe Zehenrichtung (abgeschliffene Zehe), die auf ein eventuell erkrankungsbedingtes Problem in der Gliedmaßenführung hindeutet, aber auch durch den insgesamt zu hohen Huf mit bedingt werden kann.
Frontalansicht des bearbeiteten Hufes:


Die seitliche Fehlstellung wurde minimiert, dazu wurde der Tragerand der inneren Hufhälfte vermehrt gekürzt und die Hornwand in eine tragfähigere Form beraspelt. Dadurch kann der Huf die Gewichtslast gleichmäßiger aufnehmen.
Die Zehenrichtung wurde beibehalten.











 
Ansicht von unten vor der Bearbeitung:


Diese Ansicht zeigt deutlich das ganze Ausmaß der Schäden:
Die seitliche Fehlstellung führte zu einer seitlichen Überlastung der inneren Hornwand, dadurch wurde die Wand aufgeweitet.
Die Zehenwand ist gerade abgeschliffen.
Die Trachtenenden haben sich weit eingerollt und nehmen so den Hufstrahl regelrecht "in die Zange". Dieser starke seitliche Druck führt zu Drucknekrosen des Strahlgewebes, Folge ist in Verbindung mit der vernachlässigten Pflege ausgedehnte Strahlfäule.
Die Eckstreben verlaufen bis vor die Strahlspitze und treffen dort in einem Eckstrebenbogen aufeinander. Die daraus in Verbindung mit dem stark gequetschten Strahl gebildeten, extrem steilen und tiefen seitlichen Strahlfurchen bieten Fäulniserregern ein ideales Umfeld, da die Reinigung solcher Furchen nahezu unmöglich ist
Der Strahl selbst ist von altem Strahlhorn völlig überwuchert und von tiefen Rissen und Spalten durchzogen.






 
Ansicht von unten nach der Bearbeitung:


Bei der Bearbeitung des Hufes im Sohlenbereich wurde zunächst das Zerfallshorn der Sohle sowie die überlangen Eckstreben entfernt.
Die Trachtenecken wurden soweit als möglich geöffnet und mit einem nach außen unten abfallenden Winkel versehen, um dem Strahl mehr Raum zu geben und dem Huf insgesamt zu ermöglichen, sich im Trachtenbereich zu weiten.
Wie weit diese Maßnahme noch erfolgreich sein kann, hängt maßgeblich auch von den darüberliegenden stabilisierenden Strukturen ab, insbesondere auch den Hufknorpeln, die im Trachtenbereich mit für eine stabile Hufform sorgen. Sind diese bereits infolge lang andauernder Fehlstellungen (z.B. zu steiler Huf, einseitige Lastaufnahme des Hufes, ständige Erschütterungen auf hartem Boden etc.) verknöchert, ist eine Formkorrektur im Trachtenbereich kaum mehr möglich.
Der Hufstrahl selbst wurde sehr weit reseziert, um alle Fäulnisherde am Horn selbst zu entfernen. 
Der Probeschnitt an der Zehenmitte zeigt, daß auch für ein Barhuflaufen noch genügend überständiges Hufhorn an Tragerand und Sohle vorhanden ist, um dem Tier schmerzfreies Laufen zu ermöglichen. Direkt neben diesem Schnitt links ist der Hornspalt erkennbar, der bis zur weißen Linie durchdringt.
Die Hufform wurde der Stellung angepasst und ist so in der Lage, die Gewichtskraft des Pferdes gleichmäßig aufzunehmen
Hufstrahl Detailansicht 1:


Der untere gelbe Pfeil markiert den Beginn des tiefgehenden Risses in der mittleren Strahlfurche, der obere zeigt den Übergang dieses Risses in die Ballenregion. Das Öffnen der Furche in Richtung Strahlspitze soweit irgend möglich ist sehr wichtig, denn gerade hier besteht oftmals ein Hohlraum, der dann oberflächlich zuwächst. Darunter nisten sich dann dauerhaft Keime ein, die eine erfolgreiche Abheilung der Fäule verhindern. 
Innerhalb des rot umrandeten Bereiches befindet sich eine besonders stark von Fäulnis befallene Zone sowohl am Strahl selbst als auch am äußeren Ballen. Hier ist das Strahlhorn und das Ballenhorn völlig zerstört, die Lederhaut liegt frei und ist ebenfalls betroffen
.
 
Hufstrahl Detailansicht 2:


Diese Detailansicht des Hufes während der Bearbeitung zeigt die Tiefe der mittleren Strahlfurche und die Ausbreitung des Fäulnisgeschehens auch in den Ballen











 
Reinigung der mittleren Strahlfurche :


Sehr gut geeignet zur Reinigung solch tiefer Furchen sind beispielsweise Mullstreifen, die durch die Furche gezogen werden. Mit einem Mundspatel, dem stumpfen Ende einer Verbandsschere etc. wird der Mullstreifen gleichzeitig vorsichtig bis zum Grund der Furche eingedrückt.
Vorbereiten des Hufstrahls:


In alle Furchen und auf den Strahlkörper selbst wird jeweils eine geringe Menge THM - Strahlbalsam® aufgebracht.
Austamponieren der Mittleren Strahlfurche 1:


Ein THM - Strahlbalsam® pad wird mit dem Spatel in die Furche gedrückt. So wird ein Depot gebildet, das eine lange Einwirkungsdauer gewährleistet. Der Balsam, der zuvor direkt in die Furche eingebracht wurde, hält zum einen das Mullpad mit fest und wirkt zum anderen sofort direkt auf die Fäule ein.
Austamponieren der Mittleren Strahlfurche 2:


Das Pad wird komplett und bis zum Grund der Furche eingedrückt, dies gewährleistet einen sicheren Halt des Pads.

 
Verteilen des Balsams:


Der restliche Balsam wird mit einem geeigneten Pinsel gleichmäßig auf dem Strahl und dem angrenzenden Sohlen- und Eckstrebenhorn verteilt. 
Ballenbereich:


Beim Auftrag des Balsams darf der befallene Bereich des Ballens nicht vergessen werden!

 
Entfernen des Pads:


In solch gravierenden Fällen ist der Wechsel des Pads zunächst alle zwei Tage nötig. Das alte Pad wird vom Ballen nach hinten aus der Furche gezogen und die Behandlung wie beschrieben wiederholt.
Die Behandlung bei solch stark ausgeprägter Strahlfäule sollte zunächst täglich erfolgen, lediglich das Mullpad kann jeweils zwei Tage in der mittleren Strahlfurche verbleiben. Penible Sauberkeit ist in diesem Fall höchstes Gebot, denn bei einer so weit offenliegenden Lederhaut ist die Gefahr ernsthafter Infektionen sehr groß! Sich eventuell ablösende Hornteile des Hufstrahls müssen regelmäßig entfernt werden. Mit dem Abheilen der Strahlfäule schließt sich auch die mittlere Strahlfurche, ob in einem solchen Fall ein vollständiges Schließen möglich ist, bleibt jedoch fraglich. Bei jedem Hufpflegetermin, wenn nötig, auch öfter, muss gerade diese Furche auf das Bilden neuer Hohlräume zur Strahlspitze hin überprüft und, wenn nötig, diese wieder eröffnet werden. 
Es ist in jedem Fall besser, einen nicht befallenen Hufstrahl mit einer relativ tiefen mittleren Furche zu erhalten als einen oberflächlich kompakten, aber in der Tiefe zerfaulten!